Feb, 2018

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Augenlasern – Gibt es Geld von der Versicherung?

Jahr für Jahr lassen in Deutschland über 100.000 Menschen eine Augenlaserbehandlung durchführen. Der Wunsch, auch ohne Brille oder Kontaktlinsen scharf zu sehen, kostet je nach Operationsmethode schnell einige tausend Euro. Ob ein Patient die Kosten aus eigener Tasche bezahlen muss, hängt vor allem von seinem Versicherungsstatus ab. Wir haben die wichtigsten Informationen für die Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung, Privatversicherte und Beamte mit Beihilfeanspruch zusammengefasst. Die privaten Krankenversicherungen (PKV) sind beim Thema „LASIK“ auch sehr einfallsreich, wenn es darum geht, eine Leistung abzulehnen. Nicht immer ist das Rechtens. Es gibt einige Fälle in denen ihr gute Chancen habt, trotz einer ersten Ablehnung durch die PKV eine Erstattung zu bekommen.



Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) – Kostenübernahme für LASIK ist eine absolute Ausnahme

Wer bei der AOK oder einer Ersatzkasse wie z.B. DAK, TK oder Barmer gesetzlich krankenversichert ist, muss die Kosten für eine LASIK-Behandlung selbst bezahlen. Nur in Ausnahmefällen übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten. Liegt eine Brillen- und Kontaktlinsenunverträglichkeit vor, dann erkennt die gesetzliche Krankenversicherung unter Umständen eine medizinische Notwendigkeit an. Das ist jedoch immer eine individuelle Einzelfallentscheidung der GKV. Wer lediglich keine Brille oder Kontaktlinsen tragen will, muss die Kosten selbst bezahlen.

Fälle, in denen gesetzlich Versicherte erfolgreich auf eine Kostenübernahme geklagt haben, sind uns nicht bekannt. Kennt Ihr einen solchen Fall, oder ein Urteil? Dann schreibt uns einen Kommentar.

Hat der gesetzliche Versicherte eine private Krankenzusatzversicherung, muss die Kostenübernahme für eine Augenlaserbehandlung im Tarif geregelt sein. Wird diese dort nicht explizit genannt, ist eine LASIK-Behandlung auch nicht versichert. Eine entsprechende Versicherung muss natürlich schon einige Zeit vor der Operation abgeschlossen werden. Wer also darüber nachdenkt, in Zukunft seine Augen lasern zu lassen, kann so eventuell Geld sparen. Hier sollte man die Versicherungsbedingungen sehr genau lesen und prüfen welche Kosten übernommen werden und ob Wartezeiten einzuhalten sind.

Private Krankenversicherung (PKV) – Kostenübernahme immer klar geregelt?

Was das Thema „Augenlaserbehandlung“ angeht, können die Tarife der privaten Krankenversicherung in zwei Gruppen eingeteilt werden: Zum einen die „neuen“ Tarife mit einer konkreten Regelung zur refraktiven Chirurgie und die „alten“ Tarife ohne eine explizierte Regelung.

Weitgehend eindeutig sind die neueren Tarife mit einer konkreten Regelung. Steht hier z.B.

„Maßnahmen zur Korrektur von Fehlsichtigkeit, zum Beispiel durch LASIK (Laser-in-situ-Keratomileusis), sind bis zu einem Rechnungsbetrag von 1.500 Euro je Auge erstattungsfähig.“

Dann weiß der Versicherte, mit welcher Leistung gerechnet werden kann. Leider schränken einige Versicherer diese Leistung zum Nachteil der Versicherten ein:

„sofern die Sehschwäche nicht durch eine andere Sehhilfe (Brille, Kontaktlinsen) ausgeglichen werden kann.“

Dann ist eine Leistung nur im Ausnahmefall zu erhalten – genau wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Wer an den Abschluss einer privaten Krankenversicherung denkt, sollte das Kleingedruckte in den verschiedenen Angeboten sehr genau lesen. Hier lohnt es sich, beim Vergleich der Versicherungsbedingungen darauf zu achten, dass keine entsprechende Einschränkung im Tarif enthalten ist.

Ist eine entsprechende Einschränkung im Tarif enthalten hat man für die Erstattung einer LASIK-Operation schlechte Karten. Fälle, in denen ein Versicherer zur Kostenübernahme verurteilt wurde, sind uns keine bekannt.

Kostenübernahme für LASIK durch PKV abgelehnt? Nicht gleich aufgeben!

Spannend wird es bei den „alten“ Tarifen ohne eine konkrete Regelung zu Augenlaserbehandlungen. Für alle, die sich durch das Kleingedruckte des Versicherungsvertrags gearbeitet haben ohne eine Regelung zur LASIK-Operation zu finden, wird es jetzt sehr interessant.

Die Abteilungen zur Schadensregulierung der Versicherer lehnen in diesen alten Tarifen Anfragen zur Kostenübernahme gerne erst mal ab. Beliebte Begründungen sind hier: die Behandlung wäre medizinisch nicht notwendig, zu teuer, eine Brille oder Kontaktlinsen wären ausreichend. Klar, es geht um viel Geld. Grob geschätzt könnten die Versicherten in solch alten Verträgen allein in Deutschland jährlich 20 Mio. EUR fordern. Wir haben in einer Tabelle die beliebtesten Ablehnungsgründe der Versicherer und Urteile, mit denen diese entkräftet werden können, aufgeführt. Wir freuen uns, wenn euch dies beim Argumentieren gegen eure Versicherung hilft. „Nicht gleich Aufgeben“ lautet hier die Devise. Akzeptiert ein Kunde die Ablehnung der Versicherung nicht, versuchen die privaten Krankenversicherer gerne eine außergerichtliche Einigung zu erreichen. Es scheint so, als würden manche Versicherer ein offizielles Urteil scheuen. In den letzten Jahren gab es immer häufiger Urteile zu Gunsten der Versicherten.

Verschiedene Anwaltskanzleien bieten auch Hilfe bei der Verhandlung mit der Versicherung an. Oft kann so zumindest ein Vergleich erwirkt werden. Wer eine Rechtschutzversicherung hat und die Kosten für den Rechtsbeistand bezahlt bekommt, sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Das spart sicher nicht nur Zeit und Nerven, sondern erhöht auch die Erfolgsaussichten. Diese sind gar nicht schlecht!

BGH bestätigt den Anspruch auf Kostenerstattung

Mit dem Urteil vom 29.03.2017 IV ZR 533/15 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Leistung nicht verweigert werden darf nur weil das Tragen einer Brille „üblich“ wäre. Außerdem ist das Tragen einer Sehhilfe auch keine Heilbehandlung. Der Bundesgerichtshof hat auch klargestellt, dass es für den Krankheitsbegriff in Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht auf das Verständnis in medizinischen Fachkreisen, sondern auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ankommt. Und der geht davon aus, dass zum Normalzustand der Sehfähigkeit ein beschwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr gehören. Damit entkräftet das BGH die Argumentation der Versicherung, dass 30 – 40 % der Menschen im mittleren Alter kurzsichtig wären und daher bei den gegebenen „normalen“ Refraktionswerten nicht von einer Krankheit gesprochen werden kann.

Die beliebtesten Argumente privater Krankenversicherer mit denen eine Kostenübernahme abgelehnt wird findet ihr in der nachfolgenden Tabelle.

Begründung der Ablehnung Urteile zu Gunsten des Versicherten
„medizinisch nicht Notwendig“ LG Dortmund Urteil vom 29.11.2010 – AZ 32 S 32/10
LG Frankfurt (Oder) Urteil vom 02.10.2012 – 6a S 198/11
„es nur eine kosmetische Operation ist“ LG Frankfurt (Oder) Urteil vom 02.10.2012 – 6a S 198/11
„die Fehlsichtigkeit auch durch eine Brille korrigiert werden kann“ LG Dortmund Urteil vom 5.10.2006 – Az. 2 S 17/05
LG Frankfurt (Oder) Urteil vom 02.10.2012 – 6a S 198/11
„die Vertragsabwicklung im Rahmen der Behandlung mit einer juristischen Person zusammengearbeitet hat und diese kein niedergelassener Arzt i.S.v.§ 4 Abs. 2 MBKK 94 ist.“ LG Dortmund Urteil vom 5.10.2006 – Az. 2 S 17/05
LG Frankfurt (Oder) Urteil vom 02.10.2012 – 6a S 198/11
„erst bei Refraktionswerten von mehr als -6 Dioptrien handelt es sich um eine pathologische Myopie. Ein geringerer Wert gilt als „normal“, da 30 – 40 % aller Menschen im mittleren Alter kurzsichtig sind. BGH Urteil vom 29.03.2017 IV ZR 533/15
centwert-Tipp!

Eure private Krankenversicherung hat die Kostenübernahme mit der Begründung ablehnt, dass die Operation medizinisch nicht notwendig ist. Dann prüft, ob die Versicherung einen neuen Tarif anbietet, bei dem die Kosten für eine LASIK-Behandlung (teilweise) übernommen werden. Das ist einfacher als man denkt. Viele Versicherer haben ihre Tarifwerke im Internet veröffentlicht. Ist das der Fall, hat sich eure Versicherung selbst ein Bein gestellt: Eine Behandlung für eine bestimmt Erkrankung ist entweder medizinisch Notwendig oder nicht. Das hat mit dem Versicherungstarif nichts zu tun. Im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist in § 192 geregelt, dass ausschließlich medizinisch notwendige Behandlungen bezahlt werden dürfen.

Wenn die Kostenübernahme in eurem Fall nach einem „alten“ Tarif medizinisch nicht notwendig ist, warum wird dann ein und dieselbe Behandlung im „neuen“ Tarif plötzlich medizinisch notwendig? Entweder die Versicherung verstößt mit im „neuen“ Tarifwerk gegen den § 192 VVG; es dürfen ja nur medizinisch notwendige Behandlungen bezahlt werden. Oder die Versicherung betrachtet die LASIK-Behandlung doch medizinisch Notwendig. Dann ist jedoch die Frage warum, nach dem „alten“ Tarif keine Leitung übernommen wird. Diesen Widerspruch solltet ihr euch von eurer Versicherung erklären lassen.

Beihilfe Berechtigte und freie Heilführsorge (Beamte) – Aktuelle Urteile

Normalerweise übernehmen die Beihilfestellen nur die Kosten für Brillen. Die Kosten für eine Augenlaserbehandlung, um auf eine Brille verzichten zu können, wird nicht übernommen. Nur wenn eine Korrektur der Fehlsichtigkeit durch Brillen und Kontaktlinsen nicht möglich ist, besteht ein Anspruch auf Kostenübernahme. Die Kosten einer Augenlaserbehandlung übernimmt die Beihilfe üblicherweise nur dann, wenn eine Erkrankung wie z.B. grauen Star behandelt wird.

Wer auf eine Kostenübernahme pocht, dem bleibt meist nur der Rechtsweg. Anders als bei der privaten Krankenversicherung sind die Urteile hier uneinheitlich.

Das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße hat im Urteil vom 08.05.2013 (Aktenzeichen 1 K 1061/12.NW) einem Justizvollzugsbeamten einen Anspruch auf grundsätzliche Anerkennung der Beihilfefähigkeit der geplanten LASIK-Operation anerkannt. Der Kläger hat durch ein fachärztliches und ein weiteres ärztliches Attest nachgewiesen, dass eine Korrektur der Fehlsichtigkeit durch Brillen und Kontaktlinsen objektiv nicht möglich ist.

Das Hamburgisches OVG hob mit dem Urteil vom 2. März 2012 (Aktenzeichen. 1 Bf 177/10) das zuvor gefällte Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Juni 2010 auf. Dem Klagenden Polizeibeamten wurde ein Anspruch auf Heilfürsorge in Höhe von 3.963,01 Euro zugesprochen.

Anders das Verwaltungsgericht München: Im Urteil vom 7. August 2014 (Aktenzeichen M 17 K 13.3362) hat es festgestellt, dass die Beihilfefähigkeit für die LASIK-Operation nur gegeben ist, wenn eine Korrektur durch Brillen oder Kontaktlinsen nach augenärztlicher Feststellung nicht möglich ist. Dies konnte die Klägerin nicht durch augenärztliche Atteste belegen.

Auch das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 22.4.2013 (Aktenzeichen 3 K 1235/12. WI) entschieden, dass trotz einer Kontaktlinsenunverträglichkeit nur eine Brille beihilfeberechtigt ist und Kosten lediglich nützlicher, aber nicht notwendiger Maßnahmen der Beamte selbst tragen muss.

Für Beihilfeberechtigte betrifft dies nur den Anteil für den Beihilfebemessungssatz. Dieser gibt an, in welcher prozentualen Höhe sich der Dienstherr an den beihilfefähigen Aufwendungen beteiligt. Für den verbleibenden Anteil muss sich der Beamte über eine private Krankenversicherung versichern. Hier gelten dann die Aussagen zur privaten Krankenversicherung.

Kosten der LASIK-Operation in der Einkommensteuererklärung angeben

Die Kosten einer LASIK-OP, die ihr selbst tragen müsst, sind außergewöhnliche Belastungen im Sinne des §33 Einkommensteuergesetz. Hier kann das Finanzamt auch auf die Verfügung der OFD Koblenz vom 22. Juni 2006 (Aktenzeichen S 2284 A – St 32 3) hingewiesen werden.

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