Jul, 2018

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Baufinanzierung mit Fremdwährungsdarlehen – sinnvoll oder nicht?

„Profitieren Sie im Idealfall von niedrigen Zinsen und Wechselkursvorteilen.“

So werben viele Volksbanken auf ihrer Homepage für Baufinanzierungen in Fremdwährung. Das klingt verlockend! Vor allem für Kunden, die in den Jahren 2008 bis 2013 auf der Suche nach einer günstigen Finanzierung waren. Damals bewegten sich die Zinssätze für eine Finanzierung in Schweizer Franken ein bis zwei Prozent unter denen einer klassischen Baufinanzierung in Euro. Das Verkaufsargument der Finanzberater, eine Finanzierung zu deutlich günstigeren Konditionen als bei herkömmlichen Darlehen zu nutzen, klingt erst mal einleuchtend.

Aber wo ist der Haken?

Der Kurs des Schweizer Franken war in den Jahren 1999 bis 2008 relativ stabil. Eine Finanzierung in Schweizer Franken war daher lange Zeit eine lukrative Möglichkeit, günstig zu finanzieren. Allerdings nicht ohne Risiko. Das Risiko steckt im Wechselkurs des Schweizer Franken. Und dieses Währungsrisiko trägt allein der Kunde. Seit 2009 ist der Kurs des Euro gegenüber dem Schweizer Franken deutlich gefallen. Wer Anfang 2008 einen Betrag von 100.000 EUR über ein Schweizer Franken-Darlehen finanzierte, musste dafür ca. 160.000 CHF aufnehmen. 2011, also nur 3 Jahre später, ist der Kurs des Franken so stark gestiegen, dass für die Rückzahlung der 160.000 CHF ca. 150.000 EUR fällig waren.

Kursentwicklung des EUR zum Schweizer Franken (CHF). © copyright centwert

Jetzt könnte man annehmen, dass davon nur Großgrundbesitzer betroffen sind. Weit gefehlt. Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 26.01.2015, dass allein die deutschen Volks- und Raiffeisenbanken im Jahr 2011 Fremdwährungskredite über 7,1 Mrd. EUR verliehen haben. Bei einem durchschnittlichen Kreditbetrag von 150.000 EUR entspricht das ca. 50.000 betroffenen Kunden.

Ich habe meine Zweifel, ob der „normale“ Häuslebauer von allein auf die Idee kommt, seine eigenen 4 Wände über ein CHF-Darlehen zu finanzieren. Der Verdacht, dass das Produkt „Fremdwährungsdarlehen“ aktiv durch einen Finanzberater angesprochen wurde, liegt daher nahe. Formulierungen wie beipsielsweise „Profitieren Sie im Idealfall von niedrigen Zinsen und Wechselkursvorteilen.“ klingen auch nicht nach einem riskanten Geschäft. Meiner Meinung nach ist es daher nicht auszuschließen, dass etliche Kunden die enormen Risien eines Fremdwährungsdarlehens nicht verstanden haben.

Zinsentwicklung für Immobilien-Darlehen in EUR verglichen mit Fremdwährungsdarlehen in Schweizer Franken (CHF). © copyright centwert

Währungsverluste übersteigen häufig den erhofften Zinsvorteil

Auch wenn man den Zinsvorteil des Frankendarlehens mit einbezieht, hat sich in den Jahren 2009 bis 2016 ein CHF-Darlehen nur für die Bank oder den Finanzvermittler gelohnt. Denn für Fremdwährungsdarlehen sind 1 % Provision aus der Darlehenssumme üblich – ganz ohne Risiko.

Für die Kunden war das Produkt CHF-Darlehen oft ein Verlustgeschäft. Seit 2009 wäre es meist günstiger gewesen, einfach über ein „normales“ EUR-Darlehen zu finanzieren. Der CHF-Darlehen GuV-Index zeigt dies anschaulich auf. Auch wenn in einem Zeitraum das CHF-Darlehen zu einem finanziellen Vorteil für den Kunden geführt hat, ist das eingegangene finanzielle Verlustrisiko dafür unverhältnismäßig hoch.


Unser CHF-GuV-Index beruht auf den veröffentlichten Hypothekenzinsen der Deutschen Bundesbank bzw. der Schweizer Nationalbank und gibt den prozentualen Gewinn / Verlust eines CHF-Darlehens gegenüber einem normalen EUR-Darlehen im jeweiligen Quartal an. Wer es genauer wissen möchte, ob sich sein Frankendarlehen gelohnt hat, kann eine überschlägige Berechnung über unseren CHF-Darlehen GuV-Rechner erstellen.

Österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) „verbietet“ Fremdwährungsdarlehen

In Österreich haben die Aufsichtsbehörden bereits 2010 auf diese Entwicklung reagiert. In den zum März 2010 erlassenen Mindeststandards wurde den Banken die Vergabe von Fremdwährungskrediten an Privatkunden so stark erschwert, dass man auch schon von einem Verbot sprechen kann.

In der Alpenrepublik waren Fremdwährungskredite für Immobilienfinanzierungen noch beliebter als in Deutschland. „Die Presse“ schreibt am 02.03.2010, dass schätzungsweise 250.000 Fremdwährungskredite an Privatkunden vergeben wurden. Mit dem „Verbot“ der Fremdwährungskredite klagten viele Finanzvermittler, dass Ihnen die Geschäftsgrundlage entzogen wurde. Diese Aussage stärkt die Vermutung, dass das Vermitteln von Fremdwährungskrediten ein lukratives Geschäftsmodell war und lässt den Schlussfolgerung zu, dass die Kunden nicht immer deutlich genug auf die Währungsrisiken hingewiesen wurden.

Was macht man als Kreditnehmer?

Wer gerade vor der Entscheidung steht, einen Teil seiner Baufinanzierung über ein Fremdwährungsdarlehen laufen zu lassen, der sollte sich das gut überlegen. Wenn der Schaden schon eingetreten ist wird es schwierig!

Widerrufsjoker

Wer seinen Kreditvertrag vor 2011 abgeschlossen hat, der hat gute Chancen, dass die AGB hinsichtlich der Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Der Kunde hat dann ein unbefristetes Widerrufsrecht. Etliche Rechtsanwaltskanzleien haben sich auf die Prüfung solcher Verträge spezialisiert und vertreten die Ansprüche ihrer Mandanten gegenüber den Banken und Finanzvermittlern. Nach den Suchworten „AGB“, „Widerruf“ und „Kreditvertag“ googeln bringt eine Reihe von solchen Kanzleien. Die IG WIDERRUF bietet sogar eine kostenlose Vertragsprüfung durch einen Fachanwalt an.

Schadensersatz aufgrund fehlender Aufklärung

Grundsätzlich haben die finanzierende Bank und der Finanzvermittler die Verpflichtung, den Kunden in der Beratung ausreichend auf das Währungsrisiko hinzuweisen. Ist das nicht erfolgt, hat der geschädigte Kunde evtl. einen Anspruch auf Schadensersatz, weil die Beratung nicht ausreichend war.

Der Oberste Gerichtshof in Österreich hat in einem Fall, in dem Kunden unzureichend beraten wurden, entsprechend entschieden. Im Urteil vom 5.4.2013 (8 Ob 66/12g) klagte ein Ehepaar erfolgreich beim OGH in Österreich auf die Erstattung der entstandenen Verluste aus einem Fremdwährungsdarlehen. Sowohl die finanzierende Bank als auch der Finanzvermittler wurden verurteilt, die finanziellen Schäden durch die Währungsverluste zu ersetzen.

Entsprechende Urteile aus Deutschland sind uns nicht bekannt. Gibt es wirklich keine? Schreibt uns einen Kommentar, wenn ihr Urteile zu diesem Thema kennt. Oder wenn ihr Erfahrungen habt, wie ein Kunde entstandene Verluste aus Fremdwährungsdarlehen zurückholen kann.

„Finanzgeschäfte ohne Erlaubnis“ – Plusminus deckt eine auf!

Plusminus deckt in der Sendung Fremdwährungskredite – Tausende deutsche Häuslebauer betroffen vom 31.07.2018 auf, dass es in machen Fällen ein Haftungsanspruch bestehen könnte, wenn Kredite durch die S-Immofin vermittelt wurden. Der Beitrag und die Sendung sind auf jeden Fall sehens- bzw. lesenswert.

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